Festakt am 03.11.17 im Landkreis Osnabrück „25 Jahre Betreuungsrecht“
Am 03.11.2017 fand im großen Sitzungssaal des Landkreises Osnabrück unter der Schirmherrschaft des Landrates Dr. Michael Lübbersmann eine Festveranstaltung zum 25 jährigen Bestehen des Betreuungsrechts statt. Eingeladen hatten die Betreuungsstellen des Landkreises und der Stadt Osnabrück und die in Stadt und Landkreis tätigen anerkannten Betreuungsvereine insbesondere die ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer. Von den insgesamt in Deutschland unter Betreuung stehenden 1,2 Millionen Menschen werden cirka 60 % von Angehörigen oder auch sozial engagierten familienfremden ehrenamtlichen Betreuern geführt. Gerade diesen gebührte bei dieser Festveranstaltung der Dank des Landrates und der weiteren Festredner.
Aber 25 Jahre Betreuungsrecht – ein Grund zum Feiern?!
Auf der einen Seite ein klares JA! Mit der Einführung des Betreuungsrechts zum 1.1.1992 – der sogenannten Jahrhundertreform – wurden weitreichende Verbesserungen für die Betroffenen erreicht: — Die Entmündigung ist abgeschafft — Die Achtung vor dem Selbstbestimmungsrecht und der Lebensplanung der Betreuten steht im Vordergrund — Wunsch und Wohl des Betreuten steht im Mittelpunkt — Der Betreute ist Verfahrensfähig, wird persönlich angehört und kann selbst entscheiden, wer sein Betreuer werden soll — Der Betreuer wird weitreichend vom Betreuungsgericht kontrolliert — Die Laufzeit der Betreuung ist begrenzt – spätestens nach 7 Jahren ist zu prüfen, ob die Betreuung noch erforderlich ist.
Demnach gab es auch bei diesem Festakt viel zu Feiern und der Festredner Axel Bauer, Richter am Amtsgericht Frankfurt /Main und Mitherausgeber des Heidelberger Kommentars lobte auch die Errungenschaften des Betreuungsgesetzes und die verbesserte Rechtsstellung der Betreuten.
Auf der anderen Seite aber auch ein klares NEIN!
Ein wichtiges Standbein in der Betreuungsarbeit ist die Einbindung der Betreuungsvereine. Wenn heute nach 25 Jahren Betreuungsrecht die Entmündigung der Teilhabe gewichen ist, so ist dies auch der Arbeit in den bundesweit tätigen 800 Betreuungsvereinen zu verdanken. In der Stadt und dem Landkreis Osnabrück bilden die 6 Betreuungsvereine eine Fördergemeinschaft, in der gemeinsam mit den kommunalen Betreuungsstellen der Stadt und des Landkreises Osnabrück die Querschnittsarbeit – also die Gewinnung, Beratung, Begleitung und Fortbildung von ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern — gemeinsam koordiniert wird. Diese Beratung und Begleitung ist entscheidend dafür, dass Ehrenamtliche diese verantwortungsvolle Aufgabe mit viel Herz, Freude und Engagement tun können. Doch leider ist der Bestand der Betreuungsvereine in Gefahr. Die Finanzierung der Betreuungsvereine erfolgt überwiegend durch die Vergütung für das Führen von Betreuungen in den Vereinen durch qualifizierte Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Jedoch ist die Vergütung ( pro Stunde erhält der Verein 44,00 € brutto für eine Sozialarbeiterin) seit 2005 vom Gesetzgeber nicht erhöht worden – gleichzeitig sind jedoch im gleichen Zeitraum die Personalkosten um 20 % gestiegen. Dass heißt, die Betreuungsvereine sind völlig unterfinanziert und es mussten in Niedersachsen von den 58 Betreuungsvereinen zwei ihre Arbeit wegen der Unterfinanzierung einstellen. Weitere werden folgen, wenn nicht umgehend eine Anpassung erfolgt. Diese wurde bereits im März 2017 vom Bundestag beschlossen (Anhebung um 15%), allerdings ist dieses zustimmungsbedürftige Gesetz bis heute nicht vom Bundesrat verabschiedet worden. Politische Gremien, Parteien und einzelne Abgeordnete hier vor Ort, Verbände des Betreuungswesens, wie z.B. der Betreuungsgerichtstag, die Bundeskonferenz der Betreuungsvereine, die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege und nicht zuletzt die Kampagnengruppe der Betreuungsvereine in Niedersachsen haben sich in den letzten 4 Jahren und vor allem in den letzten 12 Monaten mit der inzwischen prekären finanziellen Situation der Vereine beschäftigt. Leider alles ohne Erfolg und damit droht das Betreuungsvereinssterben weiter zu gehen. Wenn nicht umgehend etwas geschieht, wird diese wertvolle Arbeit – nämlich die Gewinnung, Begleitung, Beratung und Fortbildung von ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern nicht mehr weitergeführt werden können und somit ein wertvoller Beitrag für das Gelingen des Betreuungsrechts sowohl für die Betreuten als auch für die übrigen Akteure im Betreuungswesen wegfallen.
Deshalb waren sich alle Anwesenden bei dem Festakt darüber einig, dass es nicht nur ein Tag des Feierns über 25 Jahre Betreuungsrecht, sondern insbesondere auch ein Tag des Ausrufes ist: „ Lasst die Betreuungsvereine nicht im Regen stehen – wir wollen diese wertvolle Arbeit weitermachen!!“
Auch die NOZ berichtete ausführlich:
Presseartikel 25 Jahre BTG